Die Verantwortungsfrage …
Wie viel Verantwortung können wir unseren Kindern in welchem Alter übertragen?
Eine Frage, die uns immer wieder gestellt wird und auf die es im Endeffekt keine Pauschalantwort gibt.
Das Schlüsselwort „individuell“
Fernab aller möglichen Zuordnungen und Diagnosen ist da immer noch der junge Mensch, der in seinem individuellen SEIN wahrgenommen werden möchte und der unsere Begleitung ebenso braucht, wie unsere Bereitschaft, auf ihn und seine Bedürfnisse, sein SEIN einzugehen und zuzugehen.
Heißt?
Das wir die Verantwortungsfrage nicht einfach so mit einer Pauschalantwort abtun können.
Die, die uns und den Grundgedanken unseres Wirkens kennen wissen, dass wir nicht viel von starren Maßstäben, Richtlinien oder gar Verhaltensanweisungen in Bezug auf die Begleitung unserer Kinder halten, sondern davon überzeugt sind, dass alles ein individueller, fortwährender Prozess ist, der einem ganz eigenen Plan folgt. Dazu gehört auch die Fähigkeit nach und nach Verantwortung zu übernehmen.
ABER: Von NICHTS kommt NICHTS
Entwicklung passiert. Einfach so. Immer. Auch ohne unser Zutun. Doch ähnlich wie bei einer Pflanze, deren Wachstum und Erscheinen davon abhängig ist, in welchem Boden sie wächst, wie viel Wasser und Nährstoffe sie zur Verfügung hat und welchem Klima sie ausgesetzt ist, ist auch Entwicklung eines jungen Menschen davon abhängig, in welcher Umgebung und unter welchen Bedingungen sie stattfindet und wie sie begleitet wird.
Denn ganz gleich ob wir vom Streben nach Selbstständigkeit oder dem Übernehmen von (Eigen)Verantwortung sprechen, sie beide brauchen vor allem EINES – den passenden Nährboden um sich Entfalten und ihre volle Kraft entwickeln zu können.
Heißt: Ein kleiner Mensch braucht eine nährende, lebendige, begleitende Umgebung, die ihm das langsame Hineinwachsen in diese Aufgabe ermöglicht und ihn dabei weder über- noch unterfordert. Das gelingt in erster Linie durch das achtsame Wahrnehmen des kleinen Menschen und seines SEINS. Das Zuhören, Hinschauen und bewusste Wahrnehmen der vorhandenen Bedürfnisse und Bestrebungen. Aber auch durch das behutsame und gleichermaßen klare Einfordern kleinerer oder auch größerer Aufgaben, die dem Können und den Fähigkeiten des kleinen Menschen entsprechen.
Wie in allen Bereichen der Bindungsbeziehung ist es auch hier unsere Aufgabe, durch unser bewusstes AGIEREN den Raum zu öffnen und dem Bestreben des Kindes einen Nährboden zu bieten. Denn das Streben nach Selbstständigkeit, nach Autonomie, nach (h)ER(an)WACHSEN ist DA. Doch es will genährt werden. Und genau an diesem Punkt brauchen die kleinen Menschen uns und unsere Begleitung.
Die Problematik dabei?
Uns fehlen (meist) die Werkzeuge. Auf der einen Seite.
Denn woher nehmen, wenn unsere Prägung mitunter einen ganz andere ist. Wenn wir nicht tun durften in unserer eigenen Kindheit.
Und auf der anderen Seite?
Sind da unsere Idealvorstellungen, einer liebevollen, achtsamen, friedvollen, bedürfnisorientierten, …. Begleitung.
Auf der einen Seite fehlen uns mitunter die Ideen, wie wir kleine Menschen von Beginn an ins Alltagsgeschehen und TUN einbinden, ihnen nach und nach Aufgaben übertragen und sie dadurch Schritt für Schritt in die Eigenverantwortung begleiten könnten? Denn: Woher nehmen wenn wir auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen können?
Und auf der anderen Seite wollen wir unbedingt und ohne wenn und aber ganz liebevoll sein. Und dem kleinen Menschen möglichst viel „Raum“ für seine Bedürfnisse geben. Was nicht selten dazu führt, das Bedürfnisse und Wünsche in einen Topf geworfen werden, die Grenzen verschwimmen und die Erfüllung des Grundbedürfnisses nach Rückhalt, Schutz und Orientierung dadurch nicht mehr gegeben ist. (Ein paar Gedanken dazu findet ihr auch in diesem Blogbeitrag HIER)
Das Ergebnis?
Der kleine Mensch bekommt zu wenig Spielraum für das Üben von Verantwortung in den Bereichen, wo er sie schon gut tragen und übernehmen kann und gleichzeitig zu viel Verantwortung übertragen, wo er sie noch gar nicht tragen kann (etwa beim Treffen verschiedener Entscheidungen).
Zutrauen, Vertrauen, Zumuten und Ermutigen …
Und dadurch in kleinen Schritten Richtung (Eigen)Verantwortung. Es sind kleine – oft unscheinbare – Prozesse, die den Weg ebnen und es sind oft jene Signale, die wir im ersten Moment gar nicht als solche verstehen würden. Ganz im Gegenteil.
Denn wer kommt schon auf die Idee, dass ein kleines unzufriedenes, „streikendes“ Wesen mit seinem ablehnenden Verhalten eigentlich nur ganz deutlich das ICH BRAUCH MEHR (oder auch was anderes) signalisiert?
Doch genau so ist es. Es ist das ablehnende, „aufmüpfige“, unzufriedene Verhalten und agieren kleiner Menschen, welches uns aufmerksam werden lassen sollte. Und welches uns dazu anregen sollte, uns selbst eine wichtige Frage zu stellen:
WO kann ich mich wieder ein Stückchen weit zurück ziehen und den Raum fürs Selbermachen öffnen?
Und ja, am Anfang geht es da um nichts großes. Sondern vielleicht einfach nur darum, den Pyjama ins Bett zu bringen, die benutzte Schüssel zur Abwasch zu tragen oder sich selbst das Essen auf den Teller zu geben. Statt also einfach für den kleinen Menschen zu tun und ihm damit den Raum zu nehmen, ermutigen wir, bieten wir an, vertrauen und lassen selber machen.
Und genau daraus wächst zunächst einmal die Eigenverantwortung.
Und wenn ich genau das tun darf. Wenn ich da gehört, gesehen, gespürt, … werde. Wenn sich aus meinem TUN eine ganz eigene Zufriedenheit entwickelt und im Endeffekt eine Größe, … dann kann ich mich nach und nach für das weitere MEHR öffnen. Nämlich für das Übernehmen von Verantwortung für andere.
Ja, aber mein Kind will gar keine Verantwortung übernehmen. Es will ständig bedient werden.
Ein Satz, den wir in diesem Zusammenhang ganz oft hören. Und einmal abgesehen davon, dass es diese Momente gibt, in denen kleine Menschen einfach nur müde sind und nicht mehr wollen, gibt es auf diese Aussage im Grunde nur eine Antwort, die nicht unbedingt gerne gehört wird. Denn es liegt nicht am kleinen Menschen. Sondern an der Umgebung in der er sich bewegt, an der Begleitung die er erlebt und an der Kommunikation, die er erfährt (mit der steht und fällt im Übrigen ganz viel – und genau deshalb findet ihr auf TELEGRAM immer wieder Beiträge zum Thema Kommmunikation mit Kindern)
Und die Gründe dafür, warum das so ist, sind vielfältig.
Zu wenig Zeit.
Zu viel Druck.
Zu oft und zu selbstverständlich fürs Kind gemacht.
Zu hohe Ansprüche und Erwartungen.
Zu wenig Geduld … denn ja, wenn ich es lange Zeit fürs Kind gemacht habe, wird es nicht von heute auf morgen es voller Freude selber machen. Der Weg zurück ist oft lang und voller kleiner Stolpersteine und braucht vor allem EINES. Unsere Geduld und die Bereitschaft, DA zu sein und dem GEFÜHLSSTURM stand zu halten. Als Leuchtturm :-).
Wie ihr euer Leuchtturm-DASEIN findet?
Dazu gibt es ganz neu einen sehr wertvollen Kurs für euch :-)!
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