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Wunsch oder Bedürfnis

Wunsch oder Bedürfnis

Bedürfnisorientierung gut und schön. Aber woran erkennen wir echte Bedürfnisse, die nicht warten können und wie unterscheiden sie sich von Wünschen, die eigentlich warten können? Denen vielleicht gar ein anderes Bedürfnis zugrunde liegt oder die auch nicht unmittelbar erfüllt werden müssen?

Es ist spät. Die Jüngste schläft schon. Die Mittleren schlafen ebenfalls. Und die Großen sind beschäftigt.  Die Dreijährige ist es auch – beschäftigt. Aber auch ganz offensichtlich müde. Dennoch will sie noch nicht schlafen – um keinen Preis. Sie schaut Bücher an, redet, erzählt, gähnt, reibt sich die Augen, schaut weiter Bücher an, erzählt. Müde? Nein. Ist sie nicht. Bett? Nein, sie geht jetzt nicht schlafen. Sie muss Bücher anschauen.
Und dann entdeckt sie den Teller mit dem restlichen Kuchen. Hoho! Was für eine Entdeckung!!!! Und natürlich will sie ein Stück davon haben. JETZT. Auf der Stelle.

Und wir? Zögern.
Denn: Hat sie wirklich Hunger?
Was spricht gegen ein Stück Kuchen?
Was dafür? Wie reagieren?
Was, wenn ich NEIN sage?
Leidet sie dann?
Wo es doch ein Bedürfnis ist, diesen Kuchen zu essen – JETZT.
Ist es nicht ein Grundbedürfnis? Essentiell? Oder ist es vielleicht doch eher einfach Gusto?
Einfach, weil der Kuchen jetzt dasteht und morgen (was ist schon morgen für eine Dreijährige) vielleicht nicht mehr da ist?

Bedürfnis oder doch eher Wunsch?
In wohl keinem anderen Bereich der Begleitung kleiner Menschen, herrscht so viel Unklarheit und Unsicherheit, wie in Fragen rund um bedürfnisorientierte Begleitung. Nicht zuletzt, weil wir als Eltern heute im Endeffekt so oft keinen Plan haben. Dafür umso höhere Ansprüche in uns und unser Elternsein.
Wir wollen nicht streng sein und schon gar nicht autoritär.
Wir wollen Dasein für unsere Kinder und ihnen bedingungslos geben und liebevoll sein und vertrauensvoll und, und, und …
Und plötzlich wächst uns alles über den Kopf. Weil wir schon so viel geben und so viel erfüllen und es dennoch nicht genug ist, gefühlt. Denn die Unzufriedenheit nimmt zu. Beim kleinen Menschen ebenso, wie in uns selbst.
Dass darüber hinaus zig Ratschläge und verwässerte Ideen bedürfnisorientierter Begleitung kursieren erschwert das Ganze zusätzlich. Und verunsichert. Schließlich soll das kleine Wesen, das wir so unendlich lieben nicht traumatisiert werden.
Im Grunde hängen wir als Eltern heute irgendwie in der Luft. So viele Ideen, so viele Ratschläge. So hohe Ansprüche und so wenig Vertrauen darin, dass wir den für uns richtigen Weg finden werden.

Das EINE und einzige RICHTIG gibt es nicht
Nein, natürlich nicht. Doch der Grundgedanken hinter bedürfnisorientierter Begleitung ist klar definiert. Und fordert von uns, das genaue HINSCHAUEN, wie auch das Erkennen essentieller Bedürfnisse. Jener, die offensichtlich in Erscheinung treten, aber auch jener, die im Verborgenen liegen und von unglaublichem Wert für die Entwicklung des kleinen Menschen sind.

t.me/authenticparenting

Wunsch und Bedürfnis – zwei Paar Schuh
Im Grunde ist es relativ einfach. Bedürfnisse verlangen mehr oder weniger unmittelbare Zuwendung und Erfüllung. Sie verschwinden nicht einfach wieder, nur weil wir sie ignorieren. Wünsche tun dies natürlich auch nicht. Doch im Unterschied zu Bedürfnissen können Wünsche warten. Ihre Nichterfüllung führt zwar möglicherweise zu Wutausbrüchen oder Traurigkeit, „mehr“ aber nicht. Es folgt weder ein Sicherheitsverlust noch eine Irritation der Bindungsbeziehung. Ganz im Gegenteil – klar kommuniziert und gut begleitet, macht der kleine Mensch auf der einen Seite eine wichtige Erfahrung in Bezug auf „Grenzen“ und erfährt auf der anderen Seite aber Verständnis für seine Reaktion darauf und darüber hinaus die Erfüllung eines essentiellen Bedürfnisses – welches sich uns nicht so offensichtlich zeigt.

Rückhalt – Schutz – Orientierung
Ein Bedürfnis, welches da und für die Entwicklung des kleinen Menschen essentiell ist, sich aber nicht offensichtlich zeigt, sondern eher versteckt zutage tritt und dessen Dasein für uns aber selbstverständlich und logisch sein sollte.
Denn kleine Menschen brauchen – für ihre Entwicklung – eine Umgebung, die ihnen Raum gibt, in dem sie sich ganz auf sich selbst zu fokussieren können. Ohne sich um das ganze Drumherum kümmern zu müssen. Etwa auch darum, das ausreichend Nahrung, Kleidung, etc. vorhanden ist. Mehr noch aber brauchen sie auch einen Raum, in dem sie BE-gleitung erfahren. In all den Stürmen, die Entwicklung unter anderem eben auch beinhaltet und in dem Erleben von Begrenzung oder eben auch Orientierung.

Und an eben dieser Stelle schließt sich der Kreis. Denn welches Bild würde der kleine Mensch vom SEIN und MITEINANDER bekommen, wenn nicht nur seine Bedürfnisse, sondern auch all seine Wünsche immer erfüllt werden würden. Wenn da nie das Erleben von natürlichen oder individuellen Grenzen wäre. Wenn da nie das NEIN oder das UNMÖGLICH erlebt werden würde. Und darüber hinaus vielleicht gar Erwachsene, die symbolisch ausgedrückt auf Knien kriechen um dieses ALLES zu ermöglichen, als das bedürfnisorientierte Begleitung so oft verstanden wird.

Doch Wunsch und Bedürfnis sind eben nicht das Gleiche. Und so furchtbar die Erfahrung für kleine Menschen sein mag, dass das Lieblingsshirt nicht angezogen werden kann, weil es nass auf der Wäscheleine hängt oder dieses tolle Glitzerding im Geschäft nicht einfach so mitgenommen werden kann, auch wenn es gefällt oder die Mama oder der Papa eben nicht immer gleich und augenblicklich lesen, spielen oder ins Schwimmbad gehen wollen, es ist dies eine wertvolle Erfahrung, für den kleinen Menschen. Nicht nur, weil da das ERLEBEN von Grenzen ist, sondern auch, weil er mit der richtigen Begleitung etwas WESENTLICHES über sich selbst lernt und darüber, wie man in solchen Situation achtsam mit sich selbst umgehen, aber auch gleichzeitig das unumstößliche IST annehmen kann.

Das die Begleitung der Reaktion von abgelehnten Wünschen nicht unbedingt leicht ist, steht außer Frage und doch geht es bei all dem auch um uns. Als Eltern, Erwachsene und letztendlich ebenso fühlenden und bedürftigen Menschen, die gerade im ELTERNSEIN gut auf ihre Ressourcen achten müssen. WAS nicht zuletzt die Unterscheidung zwischen Wunsch und Bedürfnis wichtig werden lässt. Denn: Unsere eigenen Bedürfnisse hinten an zu stellen, wenn „Feuer am Dach“ ist und das kleine Wesen unsere Anwesenheit, Begleitung und Hilfestellung braucht, versteht sich von selbst. Sich unseren Bedürfnissen aber zuzuwenden, wenn es eben nicht brennt, sollte ebenso selbstverständlich sein. Weil wir zum EINEN nicht unermüdlich und ausnahmslos und immer einfach so Geben und uns mehr oder weniger aufopfern können, ohne dabei Gefahr zu laufen irgendwann selbst auszubrennen und wir zum ANDEREN unseren Kindern auch ein Stück weit zumuten können, Frustration und ein NEIN aus Liebe auszuhalten. In dem Bewusstsein, dass wir als ELTERN immer auch in der Vorbildrolle sind und ERWACHSENsein wenig lukrativ und erstrebenswert erscheint für kleine Menschen, wenn sich dabei der Raum für sich selbst auf ein Minimum reduziert oder möglicherweise gar nicht mehr präsent ist.

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